Auf unserer Clubanlage haben wir eine süddeutsche Mittelgebirgslandschaft dargestellt. Diese Landschaft ist von dichten Wäldern, Acker- und Weideland aber auch von Felsformationen, meist aus Kalkstein, geprägt. Frisch aufgeschlossener Kalkstein ist im Allgemeinen stark zerklüftet, weist Schichtungen auf und hat scharfe Bruchkanten. Diese Felsformen findet man an jüngeren Felsabbrüchen oder dort, wo gewachsener Fels z. B. für Straßen oder Bahntrassen abgetragen worden ist.
Zunächst muss ein tragfähiger Untergrund für die weitere Geländegestaltung geschaffen werden. Dieser kann z. B. aus über Holzspanten gezogenem Fliegengitter, übereinander geklebten und bearbeiteten Styropor- oder Styrodurplatten bestehen. Eine weniger bekannte Methode besteht in der Verwendung von Pappstreifen und Gipsbinden, die üblicherweise in der Medizin zur Versorgung gebrochener Gliedmaßen eingesetzt werden. Wir haben dieses Verfahren, erstmalig im Bereich unserer Paradestrecke angewandt.
Zunächst wird die gewünschte Höhenlinie an den Anlagenrändern und ggf. einigen wenigen Spanten ausgesägt und damit die Grundform des künftigen Geländes vorgegeben. Mit einer Heißklebepistole werden nun Pappstreifen mit einem Ende ringsherum in mehreren Zentimetern Abstand so auf die Oberkanten der Anlagenränder geklebt, dass die Streifen in die Anlage zeigen. Die Pappstreifen werden nun auf den Spanten fixiert und dabei, ähnlich wie bei einem Korb, miteinander verflochten. So entsteht ein Gerippe, mit dem die spätere Geländeform festgelegt wird. Diese Konstruktion ist zunächst noch ziemlich instabil, aber das stört überhaupt nicht. Sobald man mit der Geländeform zufrieden ist, beginnt der Teil der Arbeit, der am meisten Spaß macht.
Gipsbinde (in verschiedenen Breiten erhältlich im Sanitätshandel, in Apotheken, Modellbau- und Bastelgeschäften), wird in Stücke geschnitten, die so lang sein müssen, dass sie über die Zwischenräume zwischen den Pappstreifen reichen. Das erste Gipsbindenstück wird nun kurz in lauwarmes Wasser getaucht und sofort am Anlagenrand auf das Pappstreifengerippe aufgelegt. Das nächste Stück der Gipsbinde, ebenfalls in Wasser getaucht, wird überlappend neben das erste Stück gelegt.
Es ist sehr wichtig, dass die Gipsbindenstücke an den Überlappungsstellen und dort, wo sie auf der Anlagenaußenkante aufliegen, gründlich angerieben werden. Hierdurch verbinden sich die Stücke untereinander und mit der Außenkante. Sehr schnell stellt man fest, wie lang die Stücke sein müssen. Man fährt nun in der geschilderten Weise fort, bis das betreffende Anlagenstück komplett mit Gipsbinde bedeckt ist. Gipsbinde muss nass in nass verarbeitet werden. Soll an einer angefangenen und bereits getrockneten Stelle weiter gearbeitet werden, ist die Ansatzstelle am besten mit einem Pinsel oder einer Sprühflasche zuvor gründlich anzufeuchten.
Sobald der Gips abzubinden beginnt - das ist bereits nach fünf bis zehn Minuten der Fall - kann man feststellen, wie die Oberfläche tragfähig wird. Im Allgemeinen ist es empfehlenswert, eine weitere Lage aus Gipsbinden aufzubringen. Auch hier gilt: Nass in nass arbeiten - ggf. muss die erste Schicht wieder befeuchtet werden. Anstelle einer zweiten Lage kann auf die Gipsbinden z. B. Papier, mit Weißleim aufgebracht werden.
Das Ergebnis ist eine selbsttragende Geländeschale mit maximalem Innenraum. Darunter liegenden Gleisführungen oder Verdrahtungen bleiben zugänglich! Falls es auf eine bestimmte Geländeform nicht so genau ankommt, kann Gipsbinde sogar auf zusammengeknülltes Zeitungspapier aufgebracht werden. Nach dem Aushärten der Gipsbinde können die Papierknäuel dann wieder entfernt werden.
Zum Schluss wird die Oberfläche wie bei allen anderen Verfahren gespachtelt. Dabei werden Unebenheiten ausgeglichen, die Struktur der Geländeoberfläche wird festgelegt und die "Geländeschale" erhält ihre endgültige Festigkeit. Gips ist hierfür nur bedingt empfehlenswert, weil er bereits nach wenigen Minuten abzubinden beginnt.
Erfahrungsgemäß landet deshalb oft ein Großteil der angemischten Menge nicht auf der Anlage, sondern im Müll. Besser eignen sich für diesen Zweck Zellulosespachtel oder Moltofill, weil sich diese Werkstoffe länger verarbeiten lassen. Die gespachtelte Oberfläche wird kurz vor dem Abbinden mit einem nassen Pinsel oder Schwamm geglättet- unsere Geländegrundform ist jetzt fertig.
Das Arbeiten mit Gipsbinden geht sehr schnell (ein "modellbahnübliches" Projekt wird in einer Sitzung fertig) und verursacht so gut wie keinen Schmutz. Innen liegende Stützkonstruktionen sind kaum erforderlich. Änderungen des Geländes sind später mühelos durch Herausschneiden möglich. Das neue Geländestück wird einfach wie gewünscht mit frischer Gipsbinde eingefügt. Kleinere Projekte lassen sich unter vertretbarem finanziellen Aufwand sehr schnell umsetzen.
Gipsbinden sind teuer, aber was ist bei diesem Hobby schon billig? Das "Pflanzen" von Bäumen kann schwierig werden, denn die Gipsschale ist ziemlich dünn. Beim MECS hat es sich bewährt, die Stämme durch vorgebohrte Löcher zu stecken und von unten mit einer Heißklebepistole zu befestigen. Denkbar ist auch die Fixierung mit den neuerdings erhältlichen Montageklebern (siehe auch "Kleine Werkstoffkunde").