Erstlingsprojekt mit "Washes" und "Drybrushing"

Grundsätz­lich kann man voran­setzen, dass die meisten Objekte aus der Ferne betrachtet matt erscheinen. Glänzende oder seiden­matte Flächen sehen zumindest meistens nicht so aus. Je nach Licht­einfall gibt es Schatten in den Vertiefungen während auf erhabenen Kanten Licht­reflexe erkennbar sind. Dies lässt sich auch von Anfängern in einem ersten leichten Projekt und mit einfachen Mitteln nach­vollziehen.

Wir nehmen wieder unseren gedeckten Güter­wagen und wollen zunächst die Schatten in den Bretter­fugen und an den Stahl­verstrebungen nach­ahmen. Hierzu bringen wir einen "Wash" aus verdünnter Farbe lasierend auf. Wir nehmen dafür entweder Künstler­ölfarbe, die wir mit Terpentin­ersatz (kein anderes Lösungs­mittel!) zu einer wasser­ähn­lichen Konsistenz verdünnen oder die von Vallejo angebotenen "Inks", denen wir einem Spritzer Wasser und ggf. einen winzigen Tropfen Geschirr­spül­mittel zugeben.

Bewährt hat sich eine Mischung aus schwarz und rotbraun (bei Ölfarben "bebrannte Siena"). Dieser Farbton erscheint nicht so "hart" wie reines schwarz und hat bereits einen gewissen "Schmutz­faktor". Wir verteilen den "Wash" mit einem Pinsel auf das flach vor uns liegende Modell und lassen ihn in alle Vertiefungen kriechen. Übe­rschüssige Farbe nehmen wir mit dem Pinsel oder mit "Q-Tips" wieder ab. Die Farbe soll nur in den Vertiefungen verbleiben! Nach dem Trocknen (bei Vallejo "Inks" schnell, bei Ölfarbe langsamer) wieder­holen wir den Vorgang auf den anderen Wagen­seiten. Dabei müssen wir darauf achten, dass der "Wash" nicht auf andere Fahr­zeug­flächen fließt. Häss­liche Streifen wären die Folge. Vielleicht sind jetzt manche Stellen zu dunkel geraten. Das ist aber nicht schlimm, denn im nächsten Arbeits­schritt hellen wir das Modell wieder auf.

Wir bringen nun mit "Dry­brushing" Licht­reflexe auf unserem Wagen auf. Hierzu nehmen wir mit einem steifen flachen Pinsel unverdünnte matte Modell­farbe (Humbrol, Faller Vallejo o. a.) auf, die einen oder zwei Töne heller als die Grund­farbe - in diesem Fall des Wagen­kastens - sein soll. Den Pinsel streifen wir zunächst auf einem Lappen oder Papier­küchen­tuch so lange ab, bis fast keine Farbe mehr in den Borsten ist. Nun gehen wir mit leichtem Strich "fiedernd" über das Wagen­gehäuse. Dabei lagert sich ein wenig der in den Pinsel­borsten immer noch verbliebenen Farbe an den vorstehenden Kanten, aber auch auf den Flächen ab. Den Vorgang kann man mehr­fach wieder­holen und dabei im Farbton immer heller werden. Das Wagendach behandeln wir ähnlich, wobei wir verschiedene Grau- und "Dreck"-Töne "immer heller werdend" aufbringen. Abschließend können wir auf die Dach­mitte vielleicht noch Ruß­spuren der Länge nach "drybrushen".

Die Längs­träger, Puffer­bohlen und Unter­boden­details "drybrushen" wir abwechselnd mit braun, ocker­gelb und grau, bis wir mit dem Ergebnis zufrieden sind. Dabei darf auf den Ober­flächen nur so wenig Farbe wie mög­lich stehen bleiben. Sie werden erstaunt sein, wie viele Details an dem Wagen plötz­lich sichtbar werden. Mit einem feinen Pinsel und wenig dunkel­brauner Farbe (nicht zu rötlich!) bringen wir nun Rost­spuren an Brems­belägen, Feder­paketen und viel­leicht an einigen Stellen der Stahl­ver­strebungen des Aufbaus und am Dach an (nicht über­treiben). Auch die Rad­sätze dürfen wir nicht vergessen: Wir bemalen sie in etwa dem gleichen Farbton wir den bereits behandelten Wagen­unterboden (ausgenommen Radlauf­flächen und Spur­kränze). Mit ein wenig (!) Graphit­grau und Seiden­matt­schwarz bringen wir nun noch Fett­krusten an Achs­lagern und frisches Fett an Puffer­hälsen und -tellern auf.

Das Ergebnis unseres ersten Alterungs­projekts kann sich sehen lassen: Der Aufbau hat durch Schatten und "Lichter" Tiefe bekommen. Viele, vorher nicht sicht­bare Details wie Nieten, Scharniere und Winkel sind hervor­getreten. Das ursprüng­lich leuchtende Weiß der Anschriften ist gebrochen und der speckige Kunst­stoff­glanz des Modells weit­gehend verschwunden. Wir stellen den Wagen nun neben ihre anderen "unbehandelten" Waggons - was für ein Unterschied!

Die Kombination von "Washes" und "Dry­brushing" ist auf alle Arten von Modellen anwendbar. Damit können Sie beispiels­weise Schiefer­dächer und Ziegel­mauern "zum Leben erwecken" oder Details an Modell­müll­tonnen, Garten­mauern, Straßen­ober­flächen oder Dampflok-Wasser­kränen heraus­holen. Bedenken Sie die Mög­lichkeiten!

"Drybrushing" sollten Sie zuvor, etwa an übrigen Bausatz­teilen üben, bevor Sie ein wert­volles Modell bearbeiten. Mit dieser Technik soll ledig­lich ein oft kaum wahr­nehm­barer Hauch von Farbe aufge­bracht werden um die Ober­flächen­struktur zu betonen. Nur zu schnell hat man ein "Zuviel des Guten6Quot; getan.